Das wirklich Überzeugende am Lehm, dem ältesten Baumaterial der Erde, ist, dass er einfach da ist. Wenn man eine Baugrube ausgräbt, befindet sich Lehm darin. Wenn das nicht der Fall ist, wird man nicht weit gehen müssen, um an einer anderen Stelle im Ort auf Lehmvorkommen zu treffen.
Aus den verschiedensten Gründen haben die „modernen Menschen“ irgendwann aufgehört, mit Lehm zu bauen und dann auch den Umgang damit verlernt. Inzwischen ist es so lange her und es fallen einem tausend Gründe ein, warum man wohl aufgehört haben könnte, mit diesem natürlichen und gesunden Material zu bauen. Ein Grund ist die Angst vor Einfachheit. Wenn etwas so einfach ist, kann es wohl nicht die komplexen Probleme unserer Zeit lösen. Dabei ist Lehm unschädlich und lässt sich beliebig oft und über Tausende von Jahren immer wieder aufarbeiten. Er ist schön und er ist das Baumaterial, das am wenigsten Verarbeitungsenergie erfordert. Wir wundern uns und fragen, warum diese lange und erfolgreiche Tradition des Lehm-Holzbaus abgebrochen ist. Muss das so bleiben? Und dann tun wir das, was am Vielversprechendsten ist: Wir fangen einfach an, stecken die Hände in den Lehm und bauen. Dafür nutzen wir erst einmal kleine Projekte, bei denen die Fehler, die wir machen, noch zu verkraften sind. Bei zukünftigen, etwas größeren Arbeiten können wir sie dann vermeiden. Selbst wenn es bei kleinen Maßnahmen bliebe, machte das schon einen großen Unterschied für das Baugeschehen. Die Verschwendung würde reduziert und natürliche Schönheit erhielte wieder Einzug in unsere hilflosen Interieurs. Denn alles kann mit Lehm gebaut werden: Wände, Putze, Deckenfüllungen, Fußböden etc. Nach einigen kleinen Projekten haben wir den Eindruck, dass das Zeug nicht schlecht ist. Wir machen weiter. Ach ja − und die Kosten? Der Lehm befindet sich im Bodmaner Boden. Bezahlt haben wir dafür nichts.
Holzschuppen
Für alle Beteiligten war es faszinierend zu sehen, wie eine stabile Wand mit einfachen Naturmaterialien aus der direkten Umgebung gebaut werden kann. Man sollte viel öfter zusammen mit Kindern bauen und zusammen lernen, dass es auch einfach geht. In den Schuppen wird eine kleine holzbefeuerte Sauna eingebaut. Die Wand in unmittelbarer Nähe des Ofens muss feuerfest sein und wird aus Lehmziegeln errichtet. Eine Wand, die den Vorraum vom Restschuppen trennt, wird in Fachwerktechnik errichtet. Es handelt sich um eine eher überschaubare Maßnahme. Hierfür wird der Lehm in unmittelbarer Nähe des Schuppens aus der Erde gegraben. Die Weidenzweige für das Geflecht stammen aus dem Bodmaner Ried. Trotz des experimentellen Charakters und der tendenziellen Unerfahrenheit sind die fertigen Gefache nach Trocknung und zweischichtigem Verputz vielversprechend und solide. Die halten ewig! Wie viele Fahrten zum Baumarkt ließen sich ersparen, wieviel dubioses Baumaterial müsste nicht hergestellt werden, wenn man sich öfter die natürlichen Materialvorkommen zunutze machen würde? Das ist ein kleines Projekt, aber die Summe aller Heimwerkeraktivitäten stellt schon ein beträchtliches Potenzial mit einem großen Ressourcenverbrauch dar. Neben den technischen Gesichtspunkten ist auch der ästhetische Aspekt von Bedeutung. Natürliche Lehm- und Holzoberflächen besitzen ein hohes Maß an Tiefe und Lebendigkeit. Sie sind automatisch schön!








Alte Obsthalle
Ein großer ca. 70 m² großer Raum soll zu einer kleinen Wohnung umgebaut werden. Neue Innenwände werden die vorhandene Fläche so gliedern, dass verschiedene Räume entstehen. Hier können wir versuchen, die Verwendung der üblichen Trockenbaumaterialien, wie Metallständer, Mineralwolle und Gipskarton-Platten stark zu reduzieren. Wir entscheiden uns für Lehm aus einer Bodmaner Baugrube, Schnittholz aus dem Bodmaner Wald und Stroh aus dem Nachbarort. Wir kaufen lediglich die Putzträger-Schilfmatte und den Lehm-Feinputz, als Sackware. Alle Innenwände wurden zunächst als eine Struktur aus Holzständern errichtet. Dann erfolgte die beidseitige Montage von sägerauen Dachlatten bis auf eine Höhe von ca. 40 cm. Der entstandene Zwischenraum wurde dann mit einer Stroh-Lehm-Mischung aufgefüllt. Nach dem erneuten beidseitigen Anbringen von ca. 4 Lattenreihen wurde der Zwischenraum wieder aufgefüllt. Dieser Vorgang wird dann so oft wiederholt, bis die Wandkonstruktion die Deckenschwelle erreicht hat. Im Anschluss werden die Lattenzwischenräume mit einer feinen Stroh-Lehm-Mischung ausgestrichen. Nach der Trocknung erfolgt die Montage einer Schilfmatte, die den Putzträger für den Lehm-Grundputz bildet. Nach der Trocknung des Wandquerschnitts wurden die Wände zweilagig mit Grund- und Feinputz verputzt. Im Schlafzimmer erhält der Lehmputz einen Anstrich mit Mineralfarbe. Die senkrechten Streifen gliedern die Fläche. Das leuchtende Hellblau erzeugt einen frischen Kontrast zu der Erdfarbe des Putzes.












Spittelsberg
Im Haupthaus der Hofanlage wird das Dach ausgebaut. Der Dachboden des Bauernhauses wird nur durch Wandfragmente vom Ökonomieteil getrennt. Wir finden Lehmreste, die noch an einem ausfachenden Geflecht kleben. Die zu ergänzende Konstruktion aus Pfosten und Riegeln wird mit einem neuen, dem vorgefundenen Gebilde nachempfundenen, Geflecht versehen. Dieses dient als Unterkonstruktion für die nun aufgebaute Lehmschicht. Auf einen Lehm-Grundputz folgt der Lehm-Feinputz. Die Wärmedämmung der Wand zum unbeheizten Ökonomieteil erfolgt auf der Scheunenseite, sodass die Gefache zum Innenraum lehmsichtig belassen werden können. Nach der Sanierung des Haupthauses soll das unterhalb gelegene Forsthaus saniert werden. Wie bei anderen Fachwerkkonstruktionen stellt sich auch hier die Frage, wie diese dünne, mit Vollziegeln ausgefachte Wand thermisch ertüchtigt werden kann. Uns schwebt eine innenseitig gelegene Schale aus Stroh-Leichtlehm vor. Zunächst bauen wir einen Prototyp. An der Innenseite der Fachwerk-Außenwand werden senkrechte Pfosten (50/80 mm) mit einem Abstand von ca. 50 cm montiert. Diese Pfosten dienen als Lehre für die Gleitschalung, hinter der die Masse aus Stroh und Lehm mit Druck eingebracht wird. Die Dämmschale wird im Mittel eine Stärke von 10 cm erhalten. Die Dicke der Schale ist begrenzt, da die Trocknung nicht zu lange dauern darf. Das Stroh beginnt ansonsten zu verfaulen. Nach Trocknung der Stroh-Lehm-Gefache wird der Unterputz aufgetragen. Auf der Musterwand haben wir zwei Technologien angewendet. In der einen Hälfte werden ca. 12 cm breite Streifen aus Streckmetall auf die noch sichtbaren Flächen der Holzpfosten genagelt. Sie dienen als Putzträger auf der eher glatten Holzfläche und als Entkopplung zwischen dem sich bewegenden Holz und der Putzschicht. Die andere Hälfte der Musterwand wurde mit einem Lehm-Grundputz beschichtet, der Langstroh als Zuschlag hat. Auch so werden die Bewegungen wirkungsvoll überbrückt. Auf Metall kann verzichtet werden. Risse setzen sich nicht in die Putzschicht fort. Durch die Verwendung örtlich entnommener Materialien wie Lehm und Stroh werden ca. 5.000 € Materialkosten nur für die Innendämmung eingespart. Wir rechnen jedoch mit höheren Arbeitskosten. Als Berater für die Lehmarbeiten hat sich Herr Franz Vollhardt zur Verfügung gestellt.





Kutscherhaus
Zu dem Kutscherhaus-Ensemble gehört eine kleine Stallscheune in Fachwerkbauweise. Diese soll zum beheizten Wohnraum werden. Um unnötig hohe Wärmeverluste zu vermeiden, erhält die Außenwand eine zusätzliche Dämmschicht auf der Innenseite (Innendämmung). Damit kann die gegliederte Fachwerkfassade erhalten werden. Bei Sichtfachwerk-Außenwänden stellt sich oft die Frage nach der Schlagregenbelastung und der Abtrocknung des in den Wandquerschnitt eingedrungenen Wassers. Eine Lehmschale, die im plastischen Zustand an die Innenseite der Gefache gedrückt wird, kann dann, im getrockneten Zustand, eingedrungene Feuchtigkeit kapillar weiterleiten und an der Oberfläche der Innenseite verdunsten. Auch Feuchtigkeitsspitzen aus dem beheizten inneren Volumen des Gebäudes können von der Lehmschale abgepuffert werden. Wir haben hierfür einen Leichtlehm von Haacke als Fertigmischung verwendet. Die Dämmwirkung wird über die Beimischung von Korkschrot erzielt. Hinter einer auf Abstand der Wand befestigten, verlorenen Schalung wird das Lehmgemisch mit sanftem Druck eingebracht. Die Schalung wurde als Unterkonstruktion für eine mit Leinöl-Farbe gestrichene Leisten-Deckel-Schalung genutzt.




