Bertram Ledergerber mit Hingabe im Obstgarten
Bertram Ledergerber mit Hingabe im Obstgarten

Gespräch mit Bert­ram Ledergerber

Warum sind Sie im Obst­bau tätig?

Mein Wer­de­gang ist geprägt von Arbeit. Ich wurde in einen klei­nen land­wirt­schaft­li­chen Betrieb hin­ein­ge­bo­ren, bin dort auf­ge­wach­sen und habe nach der Mitt­le­ren Reife eine Aus­bil­dung zum Land­wirt gemacht, spä­ter dann auch die Aus­bil­der­eig­nungs­prü­fung abge­legt. Schon vor etwa 30 Jah­ren habe ich erste Ver­su­che im Bio­be­reich unter­nom­men, damals mit Bio-Rha­bar­ber. Durch das Zusam­men­wach­sen mit dem Gut Bod­man haben wir uns gemein­sam als Deme­ter- und Natur­land-zer­ti­fi­zier­ter Betrieb etabliert.

Stich­wort Zusam­men­wach­sen — für Ihren Wer­de­gang hat es eine beson­dere Bedeutung

Johan­nes von Bod­man und mich ver­bin­det eine jahr­zehn­te­lange Freund­schaft, immer auf Augen­höhe. Zudem sind wir Nach­barn. 2015 war dann die Über­le­gung, dass wir unsere Obst­bau­be­triebe zusam­men­le­gen, die damals etwa gleich groß waren. Seit­dem agie­ren wir gemein­sam, ich bin Betriebs­lei­ter und für den Bereich Obst zustän­dig. Wir haben beide unsere jewei­li­gen Mit­ar­bei­ter mit ein­ge­bracht, die teil­weise schon seit 30 Jah­ren bei uns sind – wie in einer gro­ßen Fami­lie. Wir tei­len Wis­sen, Gerät­schaf­ten und Fläche.

Das Zusam­men­wach­sen, gerade weil wir beide aus unter­schied­li­chen Rich­tun­gen kom­men, ergibt einen beson­ders frucht­ba­ren Aus­tausch und wir kön­nen vie­les gemein­sam entwickeln.

Wie fühlt es sich an, Land­wirt zu sein und immer abhän­gig von der Natur?

Die Natur lesen zu kön­nen, setzt einen gro­ßen Erfah­rungs­schatz vor­aus. Die­ses Gut kann keine Aus­bil­dung wett­ma­chen. Man geht anders mit dem Wet­ter um, man erkennt ein gewis­ses Gefah­ren­po­ten­zial frü­her. Seit der Pan­de­mie erlebe ich, dass hoch­wer­tige Lebens­mit­tel gewon­nen haben. Und damit viel­leicht auch die Wert­schät­zung für unse­ren Beruf.

Was macht Ihr Mit­ein­an­der im Gut Bod­man aus?

Es ist Johan­nes von Bod­man und mir sehr bewusst, wie wert­voll unsere Mit­ar­bei­ter sind. Keine Maschine kann sen­so­risch leis­ten, was die Men­schen leis­ten. Bei uns geht es ums Sehen, Hören und Spü­ren. Auch der Arbeits­auf­wand wäh­rend der Sai­son ist gewal­tig. Du kannst nur mit zufrie­de­nen, aus­ge­schla­fe­nen Mit­ar­bei­tern arbei­ten, die sich wohl­füh­len. Des­halb woh­nen unsere Arbeits­kräfte in hüb­schen, hel­len Woh­nun­gen, seit wir das neue Betriebs­ge­bäude, einen archi­tek­to­nisch beein­dru­cken­den Holz­bau mit Halle am Orts­rand von Bod­man, bezo­gen haben. Ich ver­su­che loyal zu allen sein, Ver­ständ­nis für die Mit­ar­bei­ter zu haben, nur so kann man Men­schen moti­vie­ren. Natür­lich erwarte ich auch Leis­tung. Und auch wenn es mal Kri­tik­punkte gibt: Da hilft nur Klar­heit und gegen­sei­ti­ger Respekt. Laut wer­den ist eine Schwä­che. Geis­tig in den Arm neh­men ist viel besser.

Tätig­kei­ten wie Schnei­den oder Mähen kön­nen dage­gen künf­tig auch unbe­mannte Geräte über­neh­men, aber: nicht aus Grün­den der Per­so­nal­ein­spa­rung, son­dern, weil wir wie alle Per­so­nal­man­gel haben.

Auf den Apfel als wich­tigs­tes Pro­dukt sind Sie beson­ders stolz. Alles dreht sich also um den Apfel?

Ja: Auf unsere Äpfel sind wir sel­ber stolz. Wir haben ein­fach gigan­tisch feine Äpfel. Wir ken­nen den Wer­de­gang jedes unse­rer Äpfel bis in den Markt, von der Behand­lung in den Obst­an­la­gen bis zum Zeit­punkt des Ern­tens. Wir haben viele frühe Sor­ten. Ein sehr aus­ge­zeich­ne­ter Apfel, der San­tana, auch als All­er­gi­ker­ap­fel bekannt und gut lager­bar, ist dann Mitte August soweit. Bis Aller­hei­li­gen wol­len wir immer fer­tig sein. Dann rei­sen auch unsere Ern­te­hel­fer zurück nach Hause. Über den Win­ter bleibt eine Rumpf­mann­schaft im Betrieb, aber ab 22.12. ist immer Ruhe. Der Baum­schnitt beginnt dann schon Mitte Januar wie­der. Ganz wich­tig ist uns die Deme­ter-Zer­ti­fi­zie­rung, für die wir stren­gen Richt­li­nien fol­gen. Bei­spiels­weise ver­pflich­ten wir uns zur stand­ort­be­zo­ge­nen Züch­tung und der natur­ge­mä­ßen Ent­wick­lung auf Deme­ter-zer­ti­fi­zier­ten Fel­dern und Gär­ten. Wir hal­ten uns unab­hän­gig von Saat­gut­kon­zer­nen, die auf Agro-Gen­tech­nik set­zen. Das Saat­gut bleibt statt­des­sen in unse­rer Verantwortung.

Wo kann man Ihr Obst kaufen?

Den Wunsch der Bun­des­re­gie­rung, dass auch Gering­ver­die­ner sich mit Bio­ware ver­sor­gen kön­nen, kann ich nur tei­len. Wir wis­sen, dass unsere Kun­den den Voll­sor­ti­men­ter lie­ben, wo sie alles bekom­men. Wir arbei­ten mit den Groß­märk­ten der Fami­lie Grund­ler zusam­men, die auch unse­ren Bio-Obst­groß­markt in Mecken­beu­ren betreut. Dort wird die Ware gela­gert, gerei­nigt, sor­tiert und an den Han­del ver­teilt. Unser Obst kann man haupt­säch­lich bei Edeka im Süd­wes­ten kau­fen. Die Deme­ter-Gruppe belie­fert dar­über hin­aus auch ein­zelne Natur­kost­märkte. Unser Wein wird aus­ge­baut über das Staats­wein­gut Meers­burg. Weil ich selbst frü­her Tafel­trau­ben ange­baut habe, bin ich da „vor­be­las­tet“. Ich küm­mere mich um unse­ren Wein­berg. Und das Staats­wein­gut baut für uns einen sehr guten Spät­bur­gun­der Rot­wein und Weiß­herbst sowie einen Weiß­wein aus unse­ren Sou­vi­gnier Gris Trau­ben aus. Die stam­men alle aus dem gräf­li­chen Königs­wein­gar­ten, einem Relikt des Kai­sers Karl des Dicken. Ver­trie­ben wird der Wein über den Geträn­ke­han­del Kountz, der auch die Gas­tro­no­mie bedient. Und immer zur Fas­nacht schen­ken wir unse­ren Wein auch an die Nar­ren im Dorf aus.

Was pas­siert mit Äpfeln die Sie für die Ver­ar­bei­tung zu Saft anbauen?

Unsere Saft­an­la­gen haben wir in den letz­ten Jah­ren in einer Koope­ra­tion mit Peter Dre­her auf­ge­baut; einem euro­pa­weit füh­ren­den Saf­ther­stel­ler aus Stock­ach. Da ist eine freund­schaft­li­che Zusam­men­ar­beit gewach­sen. Schon in der drit­ten Gene­ra­tion arbei­ten wir zusam­men. Der dort gepresste Apfel­saft geht zum Bei­spiel zu den Adel­holze­ner Alpen­quel­len, die den Barm­her­zi­gen Schwes­tern gehö­ren. Mit den Gewin­nen des Unter­neh­mens finan­ziert die Ordens­ge­mein­schaft ihre sozia­len Projekte.

Wie emp­fin­den Sie Rück­schläge oder Unsi­cher­hei­ten, die von der Natur ausgehen?

Selbst bei ver­meint­li­chen Nie­der­la­gen: Es gibt immer einen Licht­blick, wo die Natur uns hilft, wo wir der Natur hel­fen. Tat­säch­lich jam­mern wir alle auf hohem Niveau. Beschei­den­heit fällt vie­len immer schwe­rer. Wenn ich mit der Natur arbeite, brau­che ich eine gewisse Grund­ein­stel­lung – weil ich das Wert­vollste pro­du­ziere, das es gibt: unsere Lebens­mit­tel. Des­halb bin ich bereit, viel zu arbei­ten, hart zu arbei­ten. Sport und Rei­sen sind für mich ein sehr guter Aus­gleich. Und: Der Mensch ist schö­ner, wenn er lacht, das ist sicher.

Wie wirkt sich der Kli­ma­wan­del für Sie aus?

Unter vie­len Pes­si­mis­ten ist der Rea­list gleich Opti­mist. Man muss in Demut mit der Situa­tion umge­hen. Am Boden­see sind wir in einer glück­li­chen Lage. Der grüne Gür­tel hier am See ist wirk­lich „mäs­tig“. Wir wis­sen um die gro­ßen kli­ma­ti­schen Ver­schie­bun­gen. Und ich setze mich als Mit­glied des Vor­stands der Markt­ge­mein­schaft Boden­see­obst (MaBo), der Genos­sen­schaft der Obst­er­zeu­ger am Boden­see, dafür ein, das Bewusst­sein zu schär­fen und im Sinne des Kli­ma­schut­zes gemein­sam zu agie­ren. Außer­dem sehe ich auch Chan­cen auf euro­päi­scher Ebene. Des­halb enga­giere ich mich im Euro­päi­schen Bio­obst-Forum (EBF). Ich finde, als größ­ter Bio­be­trieb unse­rer Genos­sen­schaft sind wir hier in einer beson­de­ren Verantwortung.

(Bert­ram Leder­ger­ber ist aus­ge­bil­de­ter Land­wirt mit Aus­bil­der­eig­nungs­prü­fung und in einem land­wirt­schaft­li­chen Betrieb mit Tier­hal­tung und Obst­bau auf­ge­wach­sen. Seit 2015 ist er Gesell­schaf­ter und Betriebsleiter.)