Reiner Bickel und Bayerischer Gebirgsschweißhund Anja
Reiner Bickel und Bayerischer Gebirgsschweißhund Anja

Gespräch mit Rei­ner Bickel

Wie wür­den Sie Ihre Tätig­keit beschreiben?

Meine Auf­gabe ist es, den Eigen­tü­mer zu bera­ten, den Spa­gat zwi­schen Wirt­schaft­lich­keit und Nach­hal­tig­keit zu meis­tern. Einer­seits möch­ten wir einen hohen Rech­nungs­be­trag, ande­rer­seits wol­len wir an die künf­ti­gen Gene­ra­tio­nen den­ken. Da gibt es eine Viel­falt von Her­an­ge­hens­wei­sen. Für Wachs­tum und Holz­qua­li­tät ist die wald­bau­li­che Behand­lung ent­schei­dend. Ich ver­su­che, den Wald natur­nah zu bewirt­schaf­ten, indem ich die Gege­ben­hei­ten und die Gesetze der Natur berücksichtige.

Warum sind Sie Förs­ter geworden?

Ich war schon immer gerne in der Natur. Durch mei­nen Groß­va­ter, der eben­falls Förs­ter war, lernte ich den Wald ken­nen. Nach mei­ner Lehre habe ich an der Hoch­schule für Forst­wirt­schaft in Rot­ten­burg stu­diert. Als ich beim staat­li­chen Forst­amt in Kon­stanz prak­ti­ziert habe, lernte ich die Bod­man­schen Wäl­der ken­nen. Graf Bod­man hat damals die forst­li­che Betriebs­lei­tung vom Forst­amt aus­füh­ren las­sen. Dann kam die Stel­len­aus­schrei­bung als Revier­lei­ter in der All­ge­mei­nen Forst­zeit­schrift. Jetzt bin ich schon über 20 Jahre in Bodman.

Was macht den Bodan­rück außergewöhnlich?

Pri­mär sind das seine Lage und Beschaf­fen­heit. Das Schroffe des Wal­des, seine Wild­heit. In man­chen Tälern des Bodan­rücks fin­det man Flä­chen, in die der Mensch seit der Eis­zeit kaum ein­ge­grif­fen hat. Dazu gehö­ren auch die Aus­bli­cke aus den Steil­la­gen über den Boden­see. Die Molas­se­bö­den des Bodan­rücks sind von aus­ge­spro­chen guter Qua­li­tät. Und die lange, kon­ti­nu­ier­lich nach­hal­tige Bewirt­schaf­tung der Fami­lie Bod­man hat einen bio­lo­gisch aus­ge­wo­ge­nen, natür­li­chen Misch­wald ent­ste­hen las­sen. Der Mix aus Land­schaft, Geo­lo­gie und Bewirt­schaf­tungs­weise ist tat­säch­lich selten.

Nach­hal­tige Bewirt­schaf­tung – was heißt das?

In unse­ren Wäl­dern ste­hen 395 Kubik­me­ter Holz pro Hektar; jedes Jahr wach­sen 10 Kubik­me­ter nach, dar­aus ergibt sich der jähr­li­che Hieb­satz. Wir schla­gen im Schnitt der Jahre das ein, was zuwächst, wobei wir nach einem bestimm­ten Schlüs­sel mischen, um einen gewünsch­ten Erlös zu erzie­len. Man darf nie ver­ges­sen, dass das, was wir heute pflan­zen, erst in 60, 70 Jah­ren, mit­un­ter erst in 120 Jah­ren geern­tet wer­den kann. Nach­hal­tige Bewirt­schaf­tung heißt aber mehr. Einen guten Baum­ar­ten­mix, mög­lichst Natur­ver­jün­gung und vor allem die Beach­tung der Stand­ort­ver­hält­nisse. Was wächst auf wel­chem Boden am bes­ten, und wie kön­nen wir die Frucht­bar­keit der Böden erhal­ten und fördern.

Was ist Ihre größte Herausforderung?

Wir haben umfang­rei­che Steil­la­gen, die wald­bau­lich inter­es­sant, aber nicht maschi­nen­be­fahr­bar sind. Hier sind die Geste­hungs­kos­ten ungleich höher. Wir müs­sen wei­ter dar­auf ach­ten, unsere innige Mischung aus Laub- und Nadel­holz zu erhal­ten. Wir haben etwa 60 % Laub­holz, über­wie­gend Buche, die hier opti­male Ver­hält­nisse vor­fin­det, und sich dadurch stark ver­jüngt. Wenn Flä­chen frei wer­den, müs­sen wir also auch aktiv Nadel­holz pflan­zen. Die sehr gut zu bewirt­schaf­ten­den Flä­chen auf der Hoch­ebene des Bodan­rücks müs­sen lang­fris­tig sinn­voll genutzt werden.

Nadel­holz wächst schnel­ler und bringt höhere Erlöse. Warum nicht ganz auf Nadel­holz umstellen?

Die Fami­lie Bod­man ist mit Misch­wald immer gut gefah­ren. Das macht den Wald weni­ger anfäl­lig für Kala­mi­tä­ten wie Sturm­wurf und Insek­ten­be­fall. Wirt­schaft­lich gese­hen ist Misch­wald auch eine Garan­tie, den Markt bes­ser bedie­nen zu kön­nen. Mal ist diese Holz­art in Mode, mal eine andere. Eine mög­lichst viel­fäl­tige Mischung ist auch die best­mög­li­che Pro­phy­laxe gegen den Klimawandel.

Wel­che Rolle spielt der Bod­man­sche Wald für das Unternehmen?

Der Wald ist unsere soli­deste Säule. Wir tra­gen mit dem Wald dazu bei, Ziele in ande­ren Unter­neh­mens­be­rei­chen ver­fol­gen zu kön­nen. Etwa die Restau­rie­rung von Gebäu­den oder den Aus­bau der Most­an­la­gen im Obst­bau. Neben der rei­nen Forst­wirt­schaft haben wir die Wald­ruh St. Katha­ri­nen ent­wi­ckelt, für die ich zustän­dig bin. Der­zeit küm­mere ich mich um die Reno­vie­rung des klei­nen Was­ser­kraft­wer­kes in Espa­sin­gen und helfe, dass die Hack­schnit­zel­hei­zung in Bod­man gut funktioniert.

Ist die Gewähr­leis­tung des Natur­schut­zes dabei nicht aus wirt­schaft­li­cher Sicht kontraproduktiv?

Für mich gehört die Pro­duk­tion von Holz auch zum Natur­schutz, wenn man das ver­nünf­tig macht.  Wieso sol­len wir Bau- und Möbel­holz von weit her­ho­len und Öl statt hei­mi­sches, nach­wach­sen­des Holz verbrennen? 

Die ganze Büro­kra­tie führt aller­dings zu einem deut­lich höhe­ren Ver­wal­tungs­auf­wand. 80 % unse­res Wal­des ist als FFH-Gebiet aus­ge­wie­sen. Der Schutz­sta­tus schränkt die Fle­xi­bi­li­tät in der Bewirt­schaf­tung ein. Wir dür­fen etwa nicht mehr als 30 % Nadel­holz ein­brin­gen, dabei ist es in der Jung­wuchs­phase not­wen­dig, einen deut­lich höhe­ren Anteil zu haben, um in der End­wuchs­phase 30% zu errei­chen. Es ist falsch, wenn der Wald­be­sit­zer, der öko­lo­gisch sinn­voll gear­bei­tet hat, dadurch bestraft wird, dass man seine Hand­lungs­fä­hig­keit ein­schränkt. Ich sage es mal so: Wenn das Haus Bod­man sei­nen Wald frü­her kahl geschla­gen und über­all Fich­ten gepflanzt hätte, wäre alles ein­fa­cher. Wir leben, wenn man so will, mit dem Fluch der eige­nen guten Tat.

Wie pla­nen Sie weiter?

Uns wurde vom Regie­rungs­prä­si­dium bestä­tigt, dass wir so wei­ter wirt­schaf­ten dür­fen, wie wir das bis­her getan haben. Wir pla­nen in 10-Jah­res-Schrit­ten. Das Plan­werk heißt Ein­rich­tung und wurde mit exter­ner Hilfe erstellt. Zuvor haben wir an 700 Punk­ten Stich­pro­ben genom­men. Eine Viel­zahl von Para­me­tern wie bei­spiels­weise Baum­ar­ten, ‑alter, ‑höhe, Boden­flora und Wild­ver­biss, wur­den auf­ge­nom­men. So ent­steht nach Hoch­rech­nung ein genaues Bild der Natu­ral­da­ten. Dar­aus wird dann die Ein­rich­tung gemacht. Die hat eine lang­fris­tige, nach­hal­tige Stra­te­gie. Das wald­bau­li­che Ziel, der Ein­schlag, öko­lo­gi­sche Kri­te­rien, die Len­kung der Wald­be­su­cher, die Wild­stra­te­gie und vie­les mehr wer­den fest­ge­legt. Die­ser 10-Jah­res-Plan wird dann auf die ein­zel­nen Jahre run­ter­ge­bro­chen, und je nach Markt­si­tua­tion, Wit­te­rungs­ge­ge­ben­hei­ten und Ver­füg­bar­keit von Per­so­nal und Dienst­leis­tern wer­den die Arbei­ten durchgeführt.

(Rei­ner Bickel ist Diplom-Forst­in­ge­nieur und kommt müt­ter­li­cher­seits aus einer Förs­t­erfa­mi­lie; seine Aus­bil­dung begann er in dem Forst­amt, in dem sein Groß­va­ter Revier­lei­ter war)