Der Ein­schlag

Juli, ein war­mer Som­mer­tag. Am Hang ste­hen meh­rere Fich­ten mit einem roten, schrä­gen Strich auf Brust­höhe. Eigent­lich die fal­sche Zeit, um Bäume zu fäl­len. Der Bor­ken­kä­fer macht es aber not­wen­dig. Zwi­schen den Bäu­men ste­hen drei junge Män­ner. Sie sol­len die Bäume fäl­len und die Gefahr für die rest­li­chen Höl­zer dadurch reduzieren.

Alle drei seh­nen sich nach Win­ter und den­ken an einen küh­len Janu­ar­mor­gen, an dem Schnee­flo­cken tau­melnd auf Wie­sen­kraut und Weiß­dorn fal­len. Zwi­schen totem Laub, blei­chem Gras, ver­wil­der­ten Zwei­gen, jun­gen Fich­ten und alten Buchen. Wie im Win­ter rat­tern auch heute meh­rere Motor­sä­gen. In die erste Fichte hat ein Mann mit sei­ner Motor­säge bereits einen Fall­kerb geschnit­ten, ihre Wur­zel­an­läufe weg­ge­sägt. Zwei Jün­gere arbei­ten in der Nähe und sägen die Äste wei­te­rer lie­gen­der Fich­ten­stämme ab. Dann gibt der Erste das Kom­mando. Die Motor­säge röhrt. Nach einer Weile setzt der erste Mann einen Keil in die Spalte. Erst Stille, dann ein Knis­tern, gefolgt von einem Kna­cken und Knir­schen. Der Baum neigt sich. Ein Sau­sen in der Luft. Ein­und­zwan­zig. Zwei­und­zwan­zig. Rumms. Dump­fer Knall, vibrie­ren­der Boden; gift­grün strah­len die Farne.

Forst-Team

Der erste Mann ist Flo­rian Hil­le­brand. Seit über 10 Jah­ren arbei­tet der junge Mann bei Gut Bod­man Forst. Ange­fan­gen als Forst­wirt, gefolgt von der Wei­ter­bil­dung zum Forst­wirt­schafts­meis­ter. Heute bil­det er selbst im Betrieb aus. Er lei­tet den Aus­zu­bil­den­den Johann Not­hei­sen tag­täg­lich an und zeigt ihm, wie Wald­ar­beit funktioniert.

Heute mit dabei ist jedoch nicht Johann, der gerade die Schul­bank drückt, son­dern Max Frit­schi. Erst vor kur­zem hat Max die Aus­bil­dung im eige­nen Betrieb abge­schlos­sen und inzwi­schen schon eigene Auf­ga­ben­be­rei­che übernommen.

Geschuf­tet wird am liebs­ten im Win­ter, wenn das Wet­ter in die Kar­ten spielt. In den hei­ßen Som­mer­mo­na­ten ist die Arbeit im Wald oft hart, aber beson­ders wich­tig. Hier wer­den vom Käfer befal­lene Höl­zer gefällt, die im Früh­jahr gepflanz­ten Bäume frei­ge­schnit­ten, Wert­holz geas­tet und junge Bestände gepflegt, bevor es wie­der in die nächste Ein­schlags­sai­son geht.

Hiebs­vor­be­rei­tung

Ende Mai, Anfang Juni beginnt Förs­te­rin Rebecca Göt­tel mit der Hiebs­vor­be­rei­tung. Die zu ent­neh­men­den Bäume wer­den aus­ge­wählt und mar­kiert. Wel­che Bäume sol­len geför­dert wer­den? Wel­che Sor­ti­mente wird der Markt nach­fra­gen? Wel­che Bäume müs­sen krank­heits­be­dingt, wel­che alters­be­dingt aus­sor­tiert wer­den? Mona­te­lang durch­streift sie mit ihrer Hün­din Anni den Wald, ver­sprüht 150 Farb­do­sen. Im August wer­den die ers­ten Ver­käufe ver­han­delt. Zeit für die letz­ten Kor­rek­tu­ren in der Aus­wahl. Wel­che Baum­art bringt beson­ders viel diese Sai­son? Wel­che lohnt kaum und kann ste­hen bleiben?

Ein­schlag

Zu die­sem Zeit­punkt hat die Förs­te­rin die meis­ten Arbeits­auf­träge schon ver­ge­ben. Mitte bis Ende Sep­tem­ber beginnt der Ein­schlag. Circa 40% erle­digt der Har­ves­ter von einem lang­jäh­ri­gen Part­ner auf eben befahr­ba­ren Lagen. Den Rest besor­gen die eige­nen Leute, also Flo­rian Hil­le­brand und Max Frit­schi, unter­stützt von Aus­zu­bil­den­den und pol­ni­schen Sai­son­ar­beits­kräf­ten. Mit Motor­sä­gen. Was sie fäl­len, wird von Rücke­zü­gen, die eben­falls von außer­halb kom­men, an den Wald­weg beför­dert und dort vom Käu­fer abtrans­por­tiert. Sechs Monate Ein­schlag und Ver­kauf, sechs Monate Durch­fors­tung, Pflege und Hiebs­vor­be­rei­tung. Das ist das Jahr.

Absatz

Aus der Buche, die im Betrieb die häu­figste Baum­art dar­stellt, wird ver­mut­lich Möbel­holz. Die Glo­ba­li­sie­rung hat die Bran­che mas­siv ver­än­dert. Asien braucht Holz, vor allem China kauft welt­weit Holz. Beim Nadel­holz ist die Nach­frage groß. Die Preise beim Buchen­stamm­holz sind seit Jah­ren auf einem durch­schnitt­li­chen Niveau. Das Buchen­brenn­holz hat in Preis und Nach­frage ange­zo­gen. Junge Bestände, kleine Durch­mes­ser, geringe Stück­zah­len, Sturm- oder Kala­mi­täts­holz gehen an soge­nannte Brenn­holz­selbst­wer­ber. Das Kro­nen­holz wird zu Hack­schnit­zeln oder gibt Reis­schläge für den ört­li­chen Brenn­holz­kun­den. Schon der vor­he­rige Förs­ter, Rei­ner Bickel, wusste: „Das gräf­li­che Unter­neh­men ist nicht von gro­ßen Ent­wick­lun­gen oder Mode­er­schei­nun­gen abhän­gig. Dou­gla­sie für Boots­steg? Ahorn oder Eiche für Innen­aus­stat­tung? Der Vor­teil am Misch­wald: Er kann es bieten.”

Gerade die­ser Misch­wald muss ange­sichts der Unge­wiss­heit des Kli­ma­wan­dels für die nächste Gene­ra­tion erhal­ten wer­den. „Wenn drei Baum­ar­ten auf­grund von Tro­cken­heit ster­ben, haben wir in einem Wald mit fünf ver­schie­de­nen Baum­ar­ten immer noch zwei, die übrig­blei­ben. Genau auf diese Mischung set­zen wir ganz bewusst”, meint Göttel.